Kernspintomographie: Kontrastreiche Schnittbilder des Körpers

Kernspintomographie: Kontrastreiche Schnittbilder des Körpers
Kernspintomographie: Kontrastreiche Schnittbilder des Körpers
 
In der medizinischen Diagnostik werden verschiedene physikalische Erscheinungen herangezogen, um das Körperinnere ohne operativen Eingriff darzustellen. Während die Sonographie Bilder mithilfe von Ultraschall erzeugt, verwendet die Röntgen-Computertomographie, die oft kurz nur CT genannt wird, dazu Röntgenstrahlen. Ein relativ neues Verfahren ist die Magnetresonanztomographie (MRT), bei der zur Bilderzeugung elektromagnetische Wellen, genauer Radiowellen, eingesetzt werden. Zum Spektrum der elektromagnetischen Wellen gehören außerdem ultraviolettes Licht, sichtbares Licht und Mikrowellen, die alle eine kleinere Wellenlänge und damit höhere Energie als Radiowellen besitzen.
 
Sowohl Computertomographie als auch Magnetresonanztomographie erzeugen Schnittbilder (Tomogramme) des untersuchten Körperbereichs des Patienten. Bei der Computertomographie erhält man diese Schnittbilder aufgrund der unterschiedlichen Schwächungseigenschaften des Gewebes für Röntgenstrahlung. Den Bildkontrast liefern also im Wesentlichen die unterschiedlichen Gewebedichten. Daher lassen sich Knochen mit diesem Verfahren sehr gut darstellen. Verschiedene Weichteilgewebe lassen sich ohne Kontrastmittel dagegen kaum unterscheiden, da sie alle in etwa die gleiche Dichte haben. Ein weiterer Nachteil ist die Strahlenbelastung des Patienten aufgrund der Röntgenstrahlung.
 
Im Gegensatz zur röntgenbasierten CT besitzen die mit der Magnetresonanztomographie erzeugten Bilder einen sehr guten Weichteilkontrast, und es werden keine schädlichen Strahlen, sondern niederenergetische Radiowellen eingesetzt. Die Untersuchung kann daher beliebig oft wiederholt werden. Hierfür ist es notwendig, dass der Patient in ein starkes Magnetfeld gebracht wird, das circa 20 000-mal stärker ist als das Erdmagnetfeld. Dieses Feld erzeugt im Körper magnetische Effekte, die zur Bilderzeugung verwendet werden. Die Frequenzen der gemessenen Signale liegen dabei im Megahertzbereich (eine Million Hertz), also im Bereich der Kurz- und Ultrakurzwellen. Um diese magnetischen Effekte verstehen zu können, werden im Folgenden die physikalischen Grundlagen der Magnetresonanz beschrieben. Anschließend wird erläutert, welche diagnostischen Anwendungsmöglichkeiten sich daraus ergeben.
 
 Physikalische Grundlagen der Magnetresonanz
 
Betrachten wir zunächst eine stark vereinfachte Darstellung der komplexen Vorgänge bei der Magnetresonanztomographie (MRT). Die drei wichtigsten Bausteine eines Magnetresonanztomographen sind erstens ein starker Magnet, der ein homogenes (gleichförmiges), zeitlich konstantes Grundfeld erzeugt, zweitens ein Magnetfeld senkrecht zum Grundfeld, das mit einer Frequenz im Radiowellenbereich schwingt, und das kurzzeitig eingeschaltet werden kann. Drittens benötigt man ein Empfangsgerät, die Empfängerspule, mit dem die vom Körper ausgesandten Signale aufgenommen werden. Bei einer MRT wird der Patient auf einer Liege in den Hohlraum eines großen Magneten hineingefahren. In dem starken Magnetfeld orientieren sich die meisten Atomkerne, genauer ihre Kernspins, im Körper in Richtung des Grundfeldes. Wenn man nun das zusätzliche magnetische Wechselfeld einschaltet, klappen die Kernspins unter Aufnahme der eingestrahlten Energie senkrecht zum Grundfeld um. Sobald das Wechselfeld wieder ausgeschaltet wird, kehren die Kernspins in ihre Ausgangslage zurück, wobei sie die aufgenommene Energie wieder abstrahlen. Dieses Signal wird von der Empfangsspule detektiert.
 
Nun schauen wir uns die einzelnen Vorgänge ein wenig genauer an. Zuerst stellt sich die Frage, warum sich die Atomkerne in einem Magnetfeld in Richtung des Magnetfeldes orientieren. Der Grund hierfür ist, dass die kleinsten Bestandteile des menschlichen Körpers, die Atome und ihre Bausteine, magnetische Eigenschaften besitzen. Diese beruhen auf dem Spin (vom englischen Wort für Drehung), einer physikalischen Eigenschaft, die auch Protonen, Elektronen und Neutronen eigen ist. Den Spin eines Teilchens kann man sich wie die Drehung eines Kreisels vorstellen. Ein Teilchen mit Spin rotiert scheinbar um seine eigene Achse. Diese scheinbare Rotation ist die Ursache für das Phänomen der Magnetresonanz (MR).
 
Denn wegen seiner elektrischen Ladung wirkt ein rotierendes Teilchen wie ein elektrischer Kreisstrom um seine Drehachse. Dabei erzeugt es wie jeder elektrische Strom ein — wenn auch schwaches — Magnetfeld. In der MRT betrachtet man lediglich die Spins der Atomkerne (daher auch die Bezeichnung Kernspinresonanz). Andere häufig verwendete Bezeichnungen für das Phänomen sind MR als Abkürzung für Magnetresonanz oder NMR für die englische Bezeichnung »Nuclear Magnetic Resonance«. Der Wasserstoffkern ist für die MRT von besonderem Interesse, weil Wasserstoff das häufigste Element im Körper ist und gleichzeitig die größte Empfindlichkeit für MR besitzt und damit das stärkste Signal liefert.
 
Betrachtet man die Wasserstoffatome im Körper, so sind ihre Spins ohne äußeres Magnetfeld zufällig verteilt im Raum orientiert und jeder Orientierungszustand besitzt die gleiche Energie. Ein äußeres Magnetfeld übt eine Kraft auf alle magnetischen und magnetisierbaren Teilchen aus, also auch auf die Wasserstoffkerne. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass die Kerne aufgrund von fundamentalen quantenphysikalischen Gesetzen nicht in beliebigen Richtungen orientiert sein können, sondern nur in einigen wenigen ausgezeichneten. Speziell für Wasserstoffkerne in einem Magnetfeld gilt, dass ihre Drehachse nur in zwei Richtungen, die in etwa parallel gleich- und entgegengerichtet zur Feldrichtung liegen, zeigen darf.
 
Es gibt dabei jedoch immer etwas mehr parallel zum Magnetfeld ausgerichtete Spins als dazu antiparallel ausgerichtete. Dies liegt daran, dass sich die beiden Zustände in ihrem Energieinhalt unterscheiden und die Richtung parallel zum Feld (auch Up-Spin genannt), bevorzugt wird.
 
Die Anzahl an überschüssigen Spins hängt dabei von äußeren Faktoren wie Wasserstoffkonzentration im Gewebe, Magnetfeldstärke und Temperatur ab. Bei Zimmertemperatur und einer Feldstärke von 1,5 Tesla beträgt der Überschuss bei 10 Millionen Wasserstoffkernen nur 96 Up-Spins — eine sehr geringe Zahl. Der Effekt wird nur aufgrund der großen Menge von Wasserstoffatomen in unserem Körper messbar: Ein Milliliter Wasser enthält etwa 30 Trilliarden (3 · 1022) Wasserstoffkerne; damit haben wir immerhin einen Überschuss von 300 Billiarden (3 · 1017) Wasserstoffkernen mit Up-Spin bei 1,5 Tesla.
 
Nun sind die Atomkerne aber nicht genau parallel beziehungsweise antiparallel zur Feldrichtung orientiert, sondern vollziehen eine komplizierte Bewegung, bei der die Drehachse zusätzlich um die Magnetfeldachse kreist; man nennt diese Bewegung Präzession. Diese ist ein ganz alltäglicher Vorgang — ein schräg gestellter Brummkreisel oder eine auf den Boden gefallene Münze führen diese torkelnde Bewegung aus.
 
Die Frequenz, mit der die Spinachse eines Atomkerns um die Magnetfeldachse präzediert, wird nach dem britischen Physiker Joseph Larmor als Larmor-Frequenz bezeichnet. Die Größe dieser charakteristischen Frequenz hängt von der Stärke des Magnetfelds ab. Bei zweifacher Magnetfeldstärke verdoppelt sich auch die Larmor-Frequenz, der Atomkern rotiert dann also doppelt so schnell. Bei den für die medizinische Diagnostik verwendeten Feldstärken liegt die Präzessionsfrequenz der Spins im Megahertzbereich, sie umkreisen die Feldachse mehrere Millionen Mal pro Sekunde. Für eine typische Feldstärke von 1,5 Tesla beträgt die Larmor-Frequenz für Wasserstoffkerne etwa 64 Megahertz. Diese Frequenz liegt etwas unterhalb des UKW-Bereichs. Da in der Physik Energie und Frequenz einer Schwingung oder Welle direkt gekoppelt sind, entspricht der Larmor-Frequenz eine Larmor-Energie. Diese ist gerade die Differenz zwischen den Energien der Zustände paralleler und antiparalleler Spinstellung.
 
Man kann nun die Stellungen aller parallel oder antiparallel ausgerichteten Spins zusammen und gewissermaßen eine Nettospinstellung einer gesamten Gewebeprobe betrachten. Diese nennt man Magnetisierung; ohne äußeres Magnetfeld verschwindet sie, da dann alle Spinstellungen gleich häufig vorkommen. Wenn hingegen ein äußeres Feld vorliegt, so erhält die Magnetisierung einen von null verschiedenen Wert, da ja jetzt die zum Feld parallele Spinstellung bevorzugt eingenommen wird.
 
Diese Magnetisierung der Gewebeprobe im äußeren Magnetfeld lässt sich nun durch Energiezufuhr beeinflussen. Dazu wird eine elektromagnetische Welle eingestrahlt, deren Energie genauso groß ist wie die Larmor-Energie, oder anders ausgedrückt: deren Frequenz der Larmor-Frequenz entspricht. Man sagt auch, die Magnetisierung der Probe und die eingestrahlte Radiowelle seien in Resonanz. Daher rührt die Bezeichnung des Verfahrens als Magnetresonanz. Im Resonanzfall können die einzelnen Atomkerne aus der parallelen in die antiparallele Spinstellung wechseln, da sie genau die dafür benötigte Energiemenge erhalten. Da dies nicht bei allen Kernen gleichzeitig geschieht, beginnt die alle Spins zusammen beschreibende Magnetisierung erst allmählich in die andere Stellung zu wechseln. Wenn der Radiofrequenzpuls nur einen kurzen Moment auf das Gewebe einwirkt, ist die Magnetisierung also nicht vollständig umgekippt, sondern nur um einen Win- kel α. Je länger der Puls dauert, desto größer wird dieser Winkel.
 
Nach dem Abschalten des Radiowellenpulses ist die Magnetisierung um den Winkel α aus der ursprünglichen Richtung ausgelenkt und beginnt nun, ihrerseits frei um die Achse des ursprünglichen, konstanten Magnetfelds zu rotieren, also zu präzedieren. Durch diese Rotation wird in einer Empfangsspule ein elektrischer Wechselstrom induziert, und zwar mit der Frequenz der präzedierenden Magnetisierung. Die Stärke dieses Wechselstroms ist am größten, wenn die Magnetisierungsrichtung senkrecht auf dem konstanten Magnetfeld steht, also nach einem 90-Grad-Puls. Genau dieser Wechselstrom nun ist das bei der Magnetresonanztomographie erzeugte Messsignal, auf dem alle daraus resultierenden Bilder beruhen.
 
 Diagnostische Anwendungen der Magnetresonanz
 
Die Magnetresonanztomographie ist ein vergleichsweise junges diagnostisches Verfahren. Das erste NMR-Schnittbild eines Menschen wurde 1977 von R. Damadian aufgenommen. Anfangs stand allein die anatomische Darstellung des Körperinnern im Vordergrund. Sie ist auch heute noch ein wesentliches Anwendungsgebiet der MRT. Mit der Computertomographie können einige krankhafte Veränderungen nur schwer erkannt werden, weil der lädierte Bereich und das umgebende gesunde Gewebe nahezu die gleichen Absorptionseigenschaften besitzen und daher gleich abgebildet werden. Dagegen können mit der Magnetresonanztomographie aufgrund des sehr guten Weichteilkontrasts bereits kleine krankhaft veränderte Bereiche dargestellt werden. Häufig dienen MRT-Aufnahmen darum gemeinsam mit computertomographischen Aufnahmen bei tumorösen Erkrankungen als Bildbasis, auf welcher der Arzt die betroffenen Bereiche für eine strahlentherapeutische Behandlung markiert.
 
Doch worauf beruht dieser sehr gute Weichteilkontrast? Man könnte sich ja vorstellen, dass mit MRT zwar das Signal der Wasserstoffkerne gut detektiert werden kann, dass sich das Signal aber unabhängig vom Organ gleich verhält. Dann hätten MR-Bilder überhaupt keinen Weichteilkontrast, und man könnte beispielsweise die Leber nicht von der Milz abgrenzen, geschweige denn Tumoren von gesundem Gewebe unterscheiden. Glücklicherweise ist dies nicht der Fall, und die Physik bietet gleich mehrere Parameter, in denen sich verschiedene Gewebe bei Magnetresonanz unterscheiden. Zum einen variiert die Dichte der Wasserstoffatome in den einzelnen Organen, was zu einer unterschiedlichen Stärke des MR-Signals führt. Zum anderen klingt das detektierte MR-Signal in der einen Gewebeart schnell, in der anderen etwas langsamer ab — man sagt, das Signal hat unterschiedliche Relaxationszeiten. Aber nicht nur das: Zusätzlich kann man noch die T1- und die T2-Relaxationszeit unterscheiden, weil die Wasserstoffkernspins und das umliegende Gewebe auf komplizierte Weise miteinander wechselwirken. Wichtig ist dabei, dass die einzelnen Gewebetypen deutlich voneinander abweichende T1- und T2-Zeiten besitzen, wodurch man ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung der einzelnen Organe hat. Dies erklärt den sehr guten Weichteilkontrast in den MR-Bildern. Darüber hinaus lässt sich auch erkranktes von gesundem Gewebe unterscheiden.
 
Anders als bei der Computertomographie, wo der Bildkontrast durch die Gewebedichte vorgegeben ist, kann man bei der MRT den Bildkontrast aus einem der drei kontrastbestimmenden Parameter Protonendichte, T1 und T2 auswählen. Die Bilder können je nach Wahl der Parameter sehr unterschiedlich aussehen. Manche Tumorarten lassen sich zum Beispiel nur in T2- Bildern erkennen. Die Art der Wichtung eines Bilds wird durch die geeignete Abfolge von Radiowellenpulsen bestimmt, die allgemein als Pulssequenz bezeichnet wird.
 
 
Zusätzlich zu den beschriebenen natürlichen Kontrastparametern gibt es auch die Möglichkeit, den Bildkontrast durch die Infusion eines zusätzlichen Kontrastmittels während der Untersuchung zu verändern. Im Gegensatz zu den Kontrastmitteln, die beim Röntgen und der Computertomographie verwendet werden, werden die MR-Kontrastmittel aber nicht direkt abgebildet. Vielmehr beeinflussen die Kontrastmittel die Relaxationszeiten der in ihrer Umgebung befindlichen Wasserstoffkerne und verändern so das lokale MRT-Signal. Meist werden gadoliniumhaltige Lösungen verwendet, die über Infusion in die Blutbahn gelangen und dort die Relaxationszeit des Bluts verkürzen. Dadurch wird die Signalintensität im Blut verstärkt. Eine wichtige Anwendung hiervon hängt mit der Blut-Hirn-Schranke zusammen: Diese verhindert beim gesunden Menschen, dass für das Gehirn schädliche Substanzen aus dem Blutkreislauf dorthin gelangen können. Wenn diese Schranke durch einen Hirntumor gestört ist, dringt das Kontrastmittel vom Blut bis zum Tumor vor und kann dort aufgrund der Erhöhung des MRT-Signals diagnostiziert werden.
 
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet für Kontrastmittel ist die MR-Angiographie, die Darstellung der Blutgefäße mithilfe der Magnetresonanztomographie. Hierbei wird zunächst eine Aufnahme ohne Kontrastmittel und anschließend die gleiche Region mit Kontrastmittel nochmals aufgenommen. Da das Kontrastmittel nur in den Blutgefäßen zu finden ist, bewirkt es auch nur dort eine Signalerhöhung. Wenn man nun die Differenz zwischen den beiden Aufnahmen bestimmt, verschwinden alle auf beiden Bildern gleichen Bereiche. Zurück bleibt lediglich der Anteil mit einem durch das Kontrastmittel erhöhten Signal — die Gefäße. Nun wird bei der Angiographie aber nicht nur eine Schnittebene im Körper aufgenommen, sondern gleich ein ganzer Bereich, der für die Diagnose wichtig ist. Durch eine anschließende Nachverarbeitung der Bilder am Computer kann der Arzt die so aufgenommenen Gefäße dreidimensional auf dem Bildschirm betrachten und in beliebige Richtungen drehen. Die MR-Angiographie wird zur Diagnose von Gefäßerkrankungen wie Gefäßverengungen (Stenosen) oder Gefäßaussackungen (Aneurysmen) angewendet, die unbehandelt zum Herzinfarkt führen beziehungsweise reißen können.
 
 Organfunktionen sichtbar gemacht
 
Bis heute erweitert sich das Anwendungsgebiet der MRT in der Medizin ständig. Neben der bisher beschriebenen reinen Darstellung der Gefäße und Organe gewinnt die Untersuchung der Funktionsweise von Organen, die funktionelle MRT, dank der Entwicklung schneller Messtechniken zunehmend an Bedeutung.
 
So können mit MRT beispielsweise Blutflussgeschwindigkeiten gemessen werden. Die Kenntnis dieses Parameters ist wichtig, um etwa die Gefährlichkeit einer Gefäßverengung zu bestimmen. Durch eine geeignete Abfolge von Anregungspulsen und Gradientenfeldern kann die Messung so gesteuert werden, dass in dem aufgenommenen Bild lediglich Spins mit einer definierten Geschwindigkeit hell erscheinen; alle anderen Geschwindigkeiten und unbewegten Bereiche bleiben schwarz.
 
Auch ist es möglich, die Durchblutung (Perfusion) von Organen darzustellen, also die Blutmenge in den kapillaren Blutgefäßen, die pro Zeiteinheit durch ein definiertes Volumen fließt. Ein weiterer funktioneller Parameter ist die Bestimmung der Beweglichkeit des Wassers in den Organen, die in der Medizin Diffusion genannt wird. Diese verändert sich durch Tumorwachstum oder Minderdurchblutung und kann daher zum Aufspüren von Krankheitszeichen verwendet werden.
 
Man erhofft sich aus den Perfusions- und Diffusionsmessungen, Tumore oder durch Herzinfarkt oder Schlaganfall geschädigten Bereiche genauer eingrenzen zu können. In allen drei Fällen sind Durchblutung und Wasserdurchlässigkeit gegenüber gesundem Gewebe deutlich verändert.
 
Die Bestimmung der Durchblutung erfolgt wiederum durch Subtraktion zweier Bilder. Dabei heben sich alle Bildbereiche außer denjenigen weg, in die zwischen den Aufnahmen Blut eingeflossen ist.
 
 Wo denkt der Mensch?
 
Ein Gebiet der Medizin, dem derzeit große Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist die Erforschung des menschlichen Gehirns und seiner Funktionen. In vergangenen Jahrhunderten musste der Sitz von Denken und Fühlen im Körper Gegenstand von reiner Spekulation bleiben — beispielsweise war für die alten Griechen das Zwerchfell Sitz von Geist und Gefühl. Heute dagegen kann man mit MRT-Aufnahmen (und anderen Verfahren) tatsächlich die Gehirnareale sichtbar machen, die bei bestimmten geistigen Tätigkeiten wie Lesen, Rechnen oder Musikhören besonders aktiv sind.
 
Diese Informationen über die räumliche Verteilung der Hirnfunktionen wären nicht nur für die Gehirnforschung von Interesse, sondern auch bei der Planung von Operationen sehr hilfreich. Bisher gibt es außer der Ableitung elektrischer und magnetischer Potenziale kaum eine Möglichkeit, Gehirnregionen, die während der Ausführung einer Aufgabe aktiviert werden, ohne operativen Eingriff zu lokalisieren. Mit der MRT eröffnete sich ein neuer Zugang zu diesem Gebiet. Die funktionelle MR-Bildgebung zur Darstellung der neuronalen Aktivität beruht auf dem Blutfarbstoff Hämoglobin, der sich in den roten Blutkörperchen konzentriert. Dieser dient dem Sauerstofftransport im Blut und kommt in zwei Formen vor, als sauerstoffreiches Oxyhämoglobin und als sauerstoffarmes Deoxyhämoglobin.
 
Beide Formen besitzen unterschiedliche magnetische Eigenschaften. Das Deoxyhämoglobin bewirkt eine Änderung der MR-Relaxationszeiten des Bluts und führt dadurch zu einer Signalminderung im MR-Bild. Bei zunehmender Aktivität des Gehirns aufgrund äußerer Reize geht die Konzentration des Deoxyhämoglobins im aktivierten Bereich in den Kapillargefäßen zurück. Dies führt zu einer leichten Erhöhung des MR-Signals in diesem Bereich. Durch abwechselnde Bildaufnahme der betroffenen Hirnregion bei Stimulation und Ruhe erhält man nach der Subtraktion der beiden Phasen ein Bild, in dem nur die aktivierte Region hell erscheint. Die gemessene Signalerhöhung ist jedoch sehr schwach und verschwindet beinahe im Hintergrundrauschen, sodass es nur mit statistischer Nachbearbeitung am Computer gelingt, die aktivierten Areale darzustellen. Als Stimulation wurden bisher überwiegend motorische Reize wie Fingerbewegungen oder optische Reize verwendet.
 
 Magnetresonanz-Spektroskopie
 
Neben der MR-Tomographie, das heißt der Erzeugung von Schnittbildern, die erst 1973 ihren Anfang nahm, gewinnt die bereits seit den 1940er-Jahren bekannte MR-Spektroskopie in der klinischen Forschung zunehmend an Bedeutung. Hier geht es nicht darum, Schnittbilder zu erzeugen, sondern die Tatsache auszunutzen, dass der Resonanzfall für jede körpereigene Substanz bei einer anderen Radiowellenfrequenz auftritt. Man kann also das MR-Signal in Abhängigkeit von der Resonanzfrequenz untersuchen und aus den unterschiedlichen Signalintensitäten Rückschlüsse auf die jeweilige Substanz ziehen, die zu dieser bestimmten Intensität geführt hat. Die Aufzeichnung eines Signals abhängig von der Frequenz wird als Spektrum bezeichnet, das Verfahren als Spektroskopie. Die MR-Spektroskopie ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass »in vivo« (das heißt direkt am Patienten, und nicht nur »in vitro«, also im Reagenzglas) einzelne Molekülarten im Körpergewebe identifiziert werden können. Man erhofft sich, frühzeitig krankhafte Veränderungen in einem gegenüber gesunden Menschen veränderten Spektrum zu erkennen und damit die Biochemie der Erkrankung genauer untersuchen zu können. Ziel der Untersuchungen ist also der Stoffwechsel im Körper — ganz anders als bei der MR-Tomographie, die dazu dient, den Aufbau des Körpergewebes festzustellen. Physiologisch wichtige Moleküle sind beispielsweise Cholin, N-Acetylaspartat, Kreatinphosphat und Lactat, die alle eines gemeinsam haben: Sie bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff. Der Wasserstoffkern ist wegen seiner Häufigkeit der in der MR-Spektroskopie am meisten untersuchte Atomkern. Je nachdem, in welcher Molekülart sich die Wasserstoffkerne befinden, erzeugen sie ein anderes MR-Signal. Aber auch der Phosphorkern ist wegen der am Energiestoffwechsel beteiligten Substanzen Adenosintriphosphat (ATP) und Kreatinphosphat von Interesse für MR-spektroskopische In-vivo-Untersuchungen.
 
 Was erwartet den Patienten bei einer MR-Untersuchung?
 
Heutzutage gibt es eine Vielzahl von MR-Geräteherstellern. Dennoch unterscheiden sich die Geräte in ihrem wesentlichen Aufbau kaum voneinander.
 
Die größte Komponente ist ein starker Magnet (0,5—4 Tesla), der das homogene Grundfeld erzeugt. Im Zentrum des Magneten befindet sich ein zylindrischer Hohlraum, in welchen die Patientenliege eingefahren wird. Häufig handelt es sich um einen supraleitenden Magneten, dessen Feld durch einen elektrischen Strom, der bei tiefen Temperaturen verlustfrei fließt, erzeugt wird. Diese Art von Magneten wird mit flüssigem Helium gekühlt, das eine Temperatur von —269 Grad Celsius besitzt. Ebenfalls verwendet werden Permanentmagneten, die jedoch nur eine maximale Feldstärke von 0,35 Tesla erreichen. Die drei Gradientenspulen befinden sich auf zylindrischen Rohren, die in den Magnetfeldhohlraum eingeschoben sind. Sie erreichen einen Magnetfeldgradienten von bis zu 40 Millitesla pro Meter (auf einem Meter nimmt das Feld um 40 Millitesla zu oder ab) und einer Anstiegszeit von 300 Millisekunden. Besonders leistungsstarke Gradienten schalten Ströme bis zu 200 Ampere mit großer Stabilität und Genauigkeit. Die klopfenden Geräusche, die der Patient während der Messung hört, werden durch die starken mechanischen Kräfte verursacht, die auf die Gradientenspulen ausgeübt werden. Das Hochfrequenzfeld muss zwei Aufgaben erfüllen. Zum einen müssen Radiowellenpulse ausgesandt werden, um die Spins anzuregen, und zum anderen müssen die Signale der angeregten Spins empfangen werden. Sowohl der Sender als auch der Empfänger sind eigentlich Antennen, im MR-Jargon verwendet man jedoch die Bezeichnung Spulen. Diese Spulen können in den verschiedensten Formen vorkommen. Eine Form ist die integrierte Ganzkörperspule, es gibt aber auch spezielle Spulen für bestimmte Körperbereiche, zum Beispiel Kopfspulen oder Kniespulen. Diese werden um das jeweilige Körperteil gelegt und ermöglichen die optimale Erfassung des MR-Signals. Die an die Spule angeschlossene Elektronik verstärkt, digitalisiert und verarbeitet das aufgenommene Signal, um es nach der Bearbeitung als Bild auf dem Monitor darzustellen. Die für die Patientenliege verbleibende Öffnung hat etwa 55 Zentimeter Durchmesser und eine Länge von zwei Metern. Besonders füllige Patienten und Menschen mit Platzangst haben bei MR-Untersuchungen gelegentlich Schwierigkeiten oder können gar nicht erst untersucht werden. Inzwischen gibt es aber auch Geräte, die zur Seite hin geöffnet sind, sodass diese Probleme dort nicht auftreten.
 
Solche Geräte werden zunehmend zur Überwachung eines chirurgischen Eingriffs während der Operation eingesetzt (interventionelle MRT). Sie besitzen in der Regel ein niedriges Grundfeld von 0,5—0,7 Tesla und haben aufgrund der Magnetgeometrie eine schlechtere Homogenität des Grundfeldes als geschlossene Tomographen.
 
Der gesamte Tomograph befindet sich in einem abgeschirmten Raum. Dies geschieht zum einen, um störende Radiosignale von außerhalb, etwa von Radiosendern oder elektrischen Geräten, fern zu halten, zum anderen, um andere empfindliche Geräte wie Computer nicht zu beeinflussen. Menschen mit Herzschrittmachern dürfen sich nicht in die Nähe eines MR-Tomographen begeben, da der Schrittmacher sonst gestört wird. Ebenso können Patienten mit magnetisierbaren Metallimplantaten (zum Beispiel Knochenschienen) nicht mit MRT untersucht werden, weil das starke Magnetfeld die Implantate im Körper verschiebt, was zu inneren Verletzungen führt. Es ist ebenfalls nicht ratsam, Scheckkarten während der Untersuchung bei sich zu tragen, da diese mit Sicherheit im Feld gelöscht werden. Metallische Haarspangen und andere metallische Gegenstände sind nicht nur eine Gefahrenquelle, weil sie sich angezogen vom starken Feld lösen können, sondern führen auch zu einer starken Beeinträchtigung der Bildqualität.
 
Sofern man die genannten Risikopatienten mit Herzschrittmacher oder Metallimplantaten von MR-Untersuchungen ausschließt, ist die MRT nach dem heutigen Stand der Forschung eine ungefährliche Untersuchungsmethode. Zwar ist durch die mit den Radiowellenpulsen verbundene Einstrahlung von Hochfrequenz-Leistung eine Erwärmung des Gewebes möglich; vor der Messung wird aber die einzustrahlende Leistung berechnet und das Gerät lässt die Messung nicht zu, sofern die gesetzten Grenzwerte überschritten würden. Eine signifikante Erwärmung kann also gar nicht erst stattfinden. Die Anschaffungskosten für einen Tomographen sind rund 20-mal höher als für ein Ultraschallgerät. Auch die Wartung ist sehr teuer, sodass eine MRT-Untersuchung im Vergleich zu anderen Untersuchungstechniken wie Ultraschall nur dann durchgeführt wird, wenn mit anderen Methoden keine vergleichbare Aussage erzielt werden kann.
 
Dipl.-Phys. Jan Boese und Dipl.-Phys. Renate Jerei
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
nuklearmedizinische Diagnostik
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Röntgendiagnostik: Vom Röntgenbild zur Computertomographie
 
 
Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik. Röntgendiagnostik und Angiographie, Computertomographie, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomographie, Sonographie, integrierte Informationssysteme, herausgegeben von Heinz Morneburg. München 31995.
 Köchli, Victor D. / Marincek, Borut: Wie funktioniert MRI? Eine Einführung in Physik und Funktionsweise der Magnetresonanzbildgebung. Berlin u. a. 21998.
 
Medizintechnik - Verfahren, Systeme und Informationsverarbeitung. Ein anwendungsorientierter Querschnitt für Ausbildung und Praxis, herausgegeben von Rüdiger Kramme. Berlin u. a. 1997.

Universal-Lexikon. 2012.

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